Beobachtungstipps für den Monat Mai für das Naturschutzgebiet Twedter Feld

 

 

 

Vielleicht auf Grund des ansprechenden Äußeren, der lebhaften Verhaltensweisen und des angenehmen Rufs und Gesangs von Stieglitzen freuen sich viele Vogelfreunde über Begegnungen mit diesen Vögeln.

Das Bild zeigt einen Stieglitz in der Nähe des Twedter Felds auf einer Karde.

Der Stieglitz beginnt mit dem Eierlegen meist erst im Mai. Erst dann ist das Angebot der für ihn geeigneten Samen groß genug. Der Heimzug der Stieglitze dauert bei uns meist von Februar bis Mai. Im Twedter Feld kann man in der Zugzeit nicht selten auch größere Gruppen von Stieglitzen beobachten. An Stieglitzen hat man festgestellt, dass ein Einzelvogel mehr Nahrung aufnehmen kann, wenn er sich in einer Gruppe befindet. Er muss dann nämlich weniger Wachsamkeitsverhalten zeigen, also nicht so sehr auf mögliche Feinde achten.

Die Last des Nestbaus hat bei den Stieglitzen meist das Weibchen allein zu tragen. Das Männchen hält sich dabei oft in der Nähe auf und singt. Da das Nest meist weiter oben im Baumkronenbereich zu finden ist, kann man es nicht häufig wahrnehmen. Häufiger kann man hingegen die Vögel beim Nahrungserwerb beobachten. Da sie oft Samen von Milchsaft führenden Pflanzen aufnehmen, kann man zum Beispiel beobachten, wie sie sich dann danach immer den Schnabel putzen. Dies ist nicht übertriebene Sauberkeit sondern lebensnotwendig. Man hat festgestellt, dass Vögel, die dies Putzen wohl verabsäumt haben, über den durch eingetrockneten Milchsaft zugeklebten Schnabel zu Tode kommen können. (Handbuch der Vögel Mitteleuropas, AULA-Verlag). Man kann auch oft wahrnehmen, dass Stieglitze Stängel samentragender Pflanzen von unten anfliegen.

Dann klettern sie solange daran hoch bis sich der Samenstand so biegt, dass sie ihn gut bearbeiten können. Häufig kann man würdigen, welch hohe Anforderung die Koordinierung von Schnabel- und Beinarbeit an den Stieglitz bei der Samensuche stellt.

 

Reviere im Twedter Feld - etwa ab Mai - gründen zwar wohl fast jedes Jahr das eine oder andere Paar, häufig ist der Stieglitz meist hier aber nicht. Vielleicht müsste, das hat der NABU oft gefordert, im Sinne eines Randstreifenprogramms im landwirtschaftlichen Bereich mehr für die Ruderalflora getan werden, um mehr Stieglitzen hier eine Reviergründung zu ermöglichen.

Die Goldammer hingegen konnte man im Twedter Feld erfreulicherweise in den letzten Jahren bei fast jedem Maispaziergang hören oder sehen.

Das Bild zeigt eine Goldammer im Mai in einem Schlehengebüsch im Twedter Feld

Sie wird durch ein intaktes Knicknetz mit Überhältern, wie es im Twedter Feld zum Teil noch vorhanden ist, sehr gefördert. Ihr bekanntes Lied wird ja im Deutschen meist mit „Ich ich ich hab dich lieb“ interpretiert beziehungsweise in Sprache umgesetzt. Im Englischen hingegen sehr deutlich nüchterner mit „A little bit of bread without cheese.“ Zu dem Schlusselement des Goldammerliedes assoziiert der Deutsche also Liebe, der Engländer hingegen Käse. Wilhelm Lehmann, in dessen Gedichten die Goldammer und ihr Lied erstaunlich häufig auftauchen, schrieb in einem Gedicht in der Sammlung „Antwort des Schweigens“ aus dem Jahre 1935:“Der letzte Ton/Fehlt dem Goldammermännchen zum Liede./ Sing du ihn Sohn.“ Wenn er mit diesem letzten Ton „Käse“ in Verbindung gebracht hätte, wären diese Zeilen vielleicht ungeschrieben geblieben.

In dem „Exkursionsbuch zum Studium der Vogelstimmen“ aus dem Jahre 1920 von Professor Voigt schrieb dieser über den Gesang der Goldammer. “Frei von aufregender Virtuosität, stimmen diese naiven Weisen so recht zu dem Frieden weltferner, sonniger, von Wäldchen und Gebüschen umschlossener Wiesen- und Talgelände, die die Goldammer so gern bewohnt“. Im Twedter Feld hingegen singt die Goldammer anscheinend unbeeindruckt auch direkt an der lärmenden Nordstraße. In genau derselben Weise wie in stilleren Partien des Naturschutzgebietes. Ich würde also mit ihrem Gesang auch einen gewissen Gleichmut in Verbindung bringen. Diesem Empfinden gibt auch schon W. Lehmann Ausdruck, der in einem nach dem 2 Weltkrieg verfassten Gedicht (Nach der zweiten Sintflut) schrieb: “Der Himmel glüht, die Steine beben, / Die Ammer bleibt bei ihrem Ton“.

 

 

In den vielen blühenden Sträuchern im Mai lassen sich nicht nur zahlreiche Insekten, sondern auch Vögel gut beobachten. Insbesondere in den Schlehen. Oben Blaumeise, unten Sumpfmeise.

 

Die Sumpfmeise soll früher häufiger als heute in Gärten vorgekommen sein. Zu der Frage warum sich das geändert hat, liest man unterschiedliche Ansichten. Es wird einerseits angenommen, dass die Abnahme der Obstbäume in den Gärten entscheidend sei. Andererseits wird behauptet, die Förderung von Blau-und Kohlmeisen zum Beispiel durch Nistkästen hätte dazu geführt, dass die beiden farbigen Meisen die Sumpfmeise verdrängt hätten. Vielleicht sind unsere Gärten der Sumpfmeise ja auch einfach zu klein geworden.

 

Den Pilz des Monats Mai - den Maipilz-  kann man im Twedter Feld  meistens von einem der Hauptwege aus sehen. Er wächst gerne an grasigen Wegrändern. Durch seine kompakte Gestalt und den eigentümlichen, deutlichen Geruch ist er gut kenntlich.

 

Ebenfalls regelmäßig im Mai an den Hauptwegen zu sehen war bisher der Schuppige Porling. Er wächst immer an Holz und kann zwar nach Meinung der Autoren mancher Pilzbücher gegessen werden, bietet aber im Gegensatz zum Maipilz keine sonderlichen kulinarischen Qualitäten. Optisch ist er aber recht beeindruckend. Ein Hut eines Schuppigen Porlings kann 40 cm, oder sogar bis 60 cm groß werden. Wenn er im Mai frisch aus Totholz hervor sprießt wirkt er nicht nur in Kontrast zu diesem beeindruckend vital. Auch was die Produktion von Nachwuchs angeht kann man sich von der Vitalität dieser Pilze beeindrucken lassen. Ein einziger Hut kann bis zu 500 Milliarden Sporen bilden (nach Hermann Jahn. “Pilze an Bäumen“). Diese aneinandergereiht würden eine (wenn auch unsichtbare dünne) Linie von etwa 6000 km Länge ergeben. Wie H. Jahn in seinem interessanten Buch schreibt, müssen die Bäume also sehr wirkungsvoll geschützt sein, um einer derartig massenhaften Attacke standzuhalten.

 

Die oben abgebildeten Pilze fand ich im Mai 2018. Es ist ein Rostpilz (Gymnosporangium clavariiforme), dem man auch den Namen „Flammenzungen“ gegeben hat. Einen eigentlichen deutschen Namen kenne ich nicht für ihn. Er wuchs auf einem Wachholder, der etwa 50 m von der Grenze des NSG entfernt in einem Garten steht. Im NSG selbst gibt es keinen Wacholder. Der Wachholder wird durch den Pilz nicht besonders geschädigt, wohl aber wird der 2. Wirt, auf dem dann eine andere Form des Pilzes wächst, durch den Pilz beeinträchtigt. Dieser 2. Wirt, der Weißdorn, kann dann nämlich weniger Früchte ausbilden
Auf Weißdorn hatte ich diesen Pilz im NSG schon gefunden (siehe unten).

 

Der Pilz dürfte von einem Wachholder her kommend den Weißdorn infiziert haben.

 

Dies ist ein Beispiel dafür, dass das NSG Twedter Feld nicht nur durch die Haustiere der Stadt, an die es grenzt, beeinflusst wird, sondern auch durch ihre Gartenpflanzen.

 

Interessante Möglichkeiten gibt es im Mai im Twedter Feld auch Insekten zu beobachten. Bei den Schmetterlingen kann man jetzt neben den Faltern sowohl Eier als auch Raupen finden. Im Bild ein Ei des in den Beobachtungstipps für den April näher vorgestellten Aurorafalters an einer Knoblauchsrauke im Twedter Feld im Mai.

 

Unter den Raupen waren in den letzten Jahren im Mai im Twedter Feld die des Kleinen Fuchses besonders häufig zu finden. Man trifft auf sie an Brennnesseln. Von den etwa ebenso häufigen Raupen des Tagpfauenauges unterscheiden sie die gelben Striche auf ihrem Rücken, die vielleicht auch die Vögel vor ihnen und ihren Dornen warnen. Das Bild wurde im Mai im Twedter Feld aufgenommen.

Ebenfalls recht häufig fand sich noch die auffällig bunte Raupe der Trinkerin, hier ein Anfang Juni im Twedter Feld gefundenes Tier

Neben vielen Faltern häufigerer Arten wie dem unten gezeigten Hauhechelbläuling

kann man im Mai auch seltenere Falter wie die Grünwidderchen im Twedter Feld sehen.

Hier muss man schon etwas Glück haben diesen Falter zu beobachten, der aber in den letzten Jahren immer wieder im Twedter Feld nachzuweisen war.

Auch viele Schwebfliegenarten sind bereits im Mai zu beobachten. Schwebfliegen sind völlig harmlose Insekten ohne Stachel, die aber zum Teil stechende Insekten wie Wespen oder Hummeln mit ihrer Färbung imitieren. Die Abbildung zeigt eine Art, die im Twedter Feld im Mai zu sehen war, aber nicht häufig ist. Sie heißt Hummel-Moderholzschwebfliege (Temnostoma bombylans). Ich finde sie nur besonders schön und sie ist für den Waldteil insofern typisch, weil ihre Larven - wie der Name es schon sagt - von totem Holz leben, ebenso wie der Schuppige Porling. Totholzreichtum zeichnet das Twedter Feld ja besonders aus.

 

Häufig sind hingegen im NSG hingegen die Blutzikade zu finden. Zikaden sind harmlose Wesen, von denen es in Mitteleuropa etwa 800 Arten gibt. Man hat von ihnen gesagt, dass sie sich sozusagen ausschließlich durch einen Strohhalm (ihre saugenden Mundwerkzeuge) ernähren.Sie halten sich dabei fast nur an dabei an Pflanzen. Bei besonderen trockenen Wetterlagen versuchen sie selten einmal auf der menschlichen Haut an Feuchtigkeit zu gelangen.

Auch saugend – aber gar nicht vegetarisch - lebt der unten abgebildete Vertreter der Spinnentiere leider auch im Twedter Feld. Im Naturschutzgebiet soll man sich ja an die Wege halten, hier ist man nicht bedroht, aber abseits vom Wege, im höheren Gras zum Beispiel, lauert - wie hier gezeigt - die Zecke. Das andere Bild zeigt einen Patienten, der im Twedter Feld abseits des Weges im Mai von einer Zecke erwischt worden war. Diese hatte ihm den Erreger der Wanderröte – unangenehme Bakterien der Gattung Borrelia - in die Haut geimpft. Borrelien kommen also - als die möglicherweise am wenigsten sympathischen Wesen des Twedter Felds - auch im Naturschutzgebiet vor Die Wanderröte kann man an der kreisförmigen Rötung erkennen, die einen Durchmesser von mehr als 5 cm im typischen Fall hat.

Von den zahlreichen Pflanzenarten, die im Mai im Twedter Feld aufblühen, erwähne ich die Veilchen. Im Twedter Feld ist am Hauptweg im Waldteil das Waldveilchen (Viola reichenbachiana) besonders häufig. Es kann durch Saftdruck seine Samen bis knapp 5 m weit wegschleudern, sie werden daneben auch durch Ameisen verbreitet.

Auch die Weißdornblüte fällt in den Mai und lässt sich sicher beeindruckender fotografieren als es mir hier im Twedter Feld gelungen ist.

Dies Bild ist aber am frühen Morgen aufgenommen worden. Infolge der dann noch feuchteren Luft nimmt man den Duft der Weißdornblüten intensiver wahr. In der Vase ist der Geruch der Weißdornblüte nicht unproblematisch (heringsähnlich), in der Natur oft hingegen angenehm. Umso mehr, wenn morgens singende Vögel, wie zum Beispiel die Heckenbraunelle oder das Rotkehlchen, das gern auf Baum- oder Strauchwipfeln die ersten Sonnenstrahlen nutzt, auf den blühenden Büschen sitzen.

 

(Copyright Bilder und Text Rainer Niss)