Beobachtungstipps für den Monat Dezember im Naturschutzgebiet Twedter Feld
Wenn die Laubbäume im Twedter Feld ihre Blätter verloren haben, wird deutlich an Hand des nun in die Augen fallenden noch verbliebenen Grüns, dass es recht viele Ilexsträucher und auch einige Ilexbäume im Twedter Feld gibt.
Mancher mag sich sagen, wegen Ilex muss ich nicht bei dem Wetter raus, den habe ich auch im Garten. Die im Garten anzutreffenden Ilexexemplare sehen in der Tat meist etwas stattlicher aus als ihre Artgenossen im Naturschutzgebiet, Vor allem tragen sie oft mehr Früchte. Dies liegt vielleicht daran, dass der Ilex in der Natur intensiv genutzt wird. Das oben abgebildete Exemplar könnte zum Beispiel verbissen worden sein. Bei genauerem Hinsehen erkennt man auch Blätter mit Fraßspuren am Rand. Regelmäßig findet man im Twedter Feld auch Blätter mit Miniergängen.
Die Minierfliege Phytomyza aquifolii befällt als Larve die Blätter und überwintert auch darin. Die Früchte des Ilex sind für Menschen tödlich giftig werden aber von Amseln, Singdrosseln, Rotkehlchen und Mönchsgrasmücke, die alle im Twedter Feld häufig vorkommen, gerne gefressen. Vielleicht deswegen sieht man nicht so viel Ilex mit üppigem Fruchtbesatz im Twedter Feld. Auch als schützenden Ort zum Schlafen schätzen die Vögel die Stechpalme oder Hülse (wie der Ilex ja auch genannt wird).
Was kann man an so einem Ilex noch beobachten? Die Blätter unten am Stamm haben mehr Stacheln als die Blätter weiter oben, wohl als Anpassung gegen Wildverbiss. Wenn man unter einen Ilexstrauch jetzt schaut, muss man nach seinen abgefallenen Blättern etwas suchen. Diese leben etwa 3 Jahre (die ganze Pflanze bis zu 300) und man sieht im Twedter Feld unter einem Ilexstrauch jetzt meist überwiegend Buchen- oder Eichenblätter. Wenn man aber doch ein altes Ilexblatt gefunden hat, sieht es oft so aus wie das folgenden Bild es zeigt
Ein Schlauchpilz namens Stechpalmen-Deckelbecherchen (Trochila ilicina), der nur auf alten Ilexblättern vorkommt, kann auf Grund dieses charakteristischen Bilds auch ohne mikroskopische Untersuchung angesprochen werden. Sicher nicht der wichtigste aller Pilze, aber doch ein Beispiel für die Vielfalt der Weltbezüge der Stechpalme.
Eine weitere im Twedter Feld oft anzutreffende Baumart – die Hainbuche - würdigen viele Besucher des Gebiets nach meiner Erfahrung deswegen nicht, weil sie sie nicht kennen beziehungsweise mit der Buche verwechseln, mit der sie nicht näher verwandt ist. Das Bild einer Hainbuche im Twedter Feld zeigt, dass man sie meist schon an den in die Höhe strebenden Ästen erkennen kann
Die Rinde zeigt, wie im nächsten Bild zu sehen, oft recht ornamentale silbrige Streifen und bei alten Bäumen, wie diesem, auch Risse
Wenn man unter den Baum schaut, erkennt man auch die Früchte, die anders aussehen als Bucheckern
Die Früchte der Hainbuche können aber genau wie Bucheckern, die das nächste Bild zeigt, Fraßspuren von Tieren aufweisen
Auch wenn kein Schnee liegt, hinterlassen so Tiere Spuren ihrer Anwesenheit, nach denen man im Winter gezielt suchen kann.
„An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“ diese Methode der Baumidentifikation funktioniert im Twedter Feld auch bei den beiden dort häufigsten Nadelbäumen.
Die Sitkafichte hat Zapfen mit gewellten Schuppen und gezähntem Rand
Bei ausgereiften Zapfen der Sitkafichte, die im übrigen deutlich kleiner sind als Zapfen der Gemeinen Fichte, spreizen anders als bei den gezeigten Zapfen die Schuppen stark ab. Mehrere Sitkafichten stehen in der Nähe des Hauptwegs.
Die Douglasien, der gegenwärtig zweithäufigste Nadelbaum des Gebiets, hat recht charakteristische Zapfen aus denen dreizipfelige, schmale Deckschuppen hervorragen
Die Douglasien werden allerdings durch forstliche Pflegemaßnahmen zurückgedrängt. Es ist zwar nicht zu bestreiten, dass es sich bei der Douglasie um einen nicht einheimischen Baum handelt, trotzdem frage ich mich, ob ich diese Maßnahmen für sinnvoll halten soll. Angesichts des Klimawandels dürfte auf die Zukunft gesehen schwer festzulegen sein, was eine standortgerechte Baumart ist. Der Waldteil des Twedter Felds bezieht seinen Naturschutzwert auch gerade aus der Tatsache, dass in seinem größten Teil die Bäume unbeeinflusst von forstlichen Maßnahmen etwa 60 Jahre lang herangewachsen sind. Vielleicht sollte man doch am besten auch die weitere Waldentwicklung sich natürlich entfalten lassen.
Im Spätherbst und Winter kann man also im Twedter Feld auf die Bäume achten. Daneben auch auf die Blätter am Boden. Speziell bei Eichenblättern sieht man dann recht häufig jetzt noch die in der Tat recht apfelähnlichen „Galläpfel“ der Gemeinen Eichengallwespe (Cynips quercusfolii) und fast noch häufiger die dekorativ gestreiften „Ziergallen“ der Gallwespe (Cynips longiventris). Anfang November ist diese Galle im Twedter Feld meist noch schön rot gestreift später werden die Streifen dann bräunlich. Glück gehört allerdings dazu auch einmal zu erleben, wie im Spätherbst oder Winter an milden Tagen Gallwespenweibchen aus diesen Gallen schlüpfen, die dann per Jungfernzeugung entstandene Eier in Eichenknospen legen.
Im Waldanteil des Twedter Felds gibt es relativ viel Totholz und vielleicht auch deswegen recht viele Buntspechte. Das Foto zeigt einen Buntspecht (im Dezember 2012 imTwedter Feld), der hier gerade eine Höhle verlässt.
Buntspechte haben neben der Nisthöhle, für deren Fertigstellung sie oft mehrere Wochen benötigen auch Schlafhöhlen, die schon in 4 Tagen entstehen können (Handbuch der Vögel Europas)
Im Dezember (oder Januar) fangen oft die Buntspechte an zu trommeln. Im Norden sind sie ansonsten im Dezember (gemäß dem Handbuch der Vögel Mitteleuropas) den gesamten Tag mit der Nahrungsaufnahme beschäftigt. Der Flugtransport der schweren Fichtenzapfen, diese können bis 50% des Körpergewichts eines Buntspechts ausmachen, erfolgt dabei fast immer so, dass diese nicht mit den Füßen gepackt werden, wenn der Specht sie zwecks Bearbeitung zu seiner Schmiede bringt. Dies ist auch bei den untenstehenden Aufnahmen eines männlichen Buntspechts im Twedter Feld zu sehen. Der Specht balanciert den Zapfen auf dem ersten Bild geschickt nur zwischen Schnabel und Brust. Mit beiden Füßen hält er sich an der Borke fest. Auf den nächsten beiden Bildern sieht man, wie er den Zapfen in die Schmiede (hier die Borkenspalte eines abgestorbenen Baums) geklemmt hat und die Schmiede noch einmal etwas bearbeitet, damit der Zapfen gut sitzt. Auf dem letzten Bild scheint er mir sein Werk noch einmal kritisch zu beäugen.
Nach dem Blattfall treten auch die Moose stärker hervor. Wie im Bild versucht zu verdeutlichen, bilden sie fast kleine Miniaturwäldchen im Wald. Sie haben eine eigene Fauna, z.B. mit den Bärtierchen und eine eigene Pilzflora
Im Twedter Feld wurden etwa 80 Moosarten bisher gefunden . Wenn man diese Arten alle kennen lernen will, hat man Anlass für recht viele Winterspaziergänge.
Copyright (Bilder und Text) Rainer Niss