Beobachtungstipps für den Juli für das NSG Twedter Feld

Im Juli haben viele Singvögel das Nistgeschäft schon abgeschlossen

Die spätesten Nestlinge der Singdrossel fliegen aber oft erst Ende Juli oder Anfang August aus. Diese in der Nähe des Twedter Feldes fotografierte Singdrossel schien mir jedenfalls noch am 1. August zu füttern. Ihr im Vergleich zu anderen Drosseln kurzer und kompakter Schnabel weist die Singdrossel (gemäß dem Handbuch für die Vögel Mitteleuropas) als Spezialisten für Schnecken aus. Sie packt Gehäuseschnecken am Rand ihres Gehäuses und schlägt sie dann bis zu 156 Mal, wie man bei einer Weinbergschnecken fressenden Singdrossel gezählt hat, um die Weichteile freizulegen. Diese werden dann auch an die Jungen verfüttert. Die Singdrossel frisst auch gerne Bernsteinschnecken. Hier muss sie im Twedter Feld aufpassen, um ihren Jungen nicht gleich einen Parasiten aufzuhalsen. Man kann nämlich im Twedter Feld Bernsteinschnecken finden, die von dem Plattwurm Leucochloridium paradoxum („Fühlermaden“) befallen sind, wie die folgenden Ende Juni im NSG aufgenommenen Bilder zeigen.

Schon das Bild oben mit der sicht mit der Sicht der Schnecke aus der Ferne zeigt den angeschwollenen grünen Fühler. In Wirklichkeit pulsiert dieser Fühler dann auch noch. Er soll wohl so eine Raupe oder Wurm imitieren und den Vogel zum Verzehr motivieren. Der Sitz der Schnecke im Schatten ist bei diesem Bild nicht ganz typisch. Gesunde Schnecken bevorzugen zwar den Schatten, vom Parasiten „umgepolt“ kriechen aber viele befallene Schnecken sonst oft ans Licht und machen so die Vögel noch mehr auf sich aufmerksam, winken ihn mit ihrem pulsierenden Fühler herbei um endlich gefressen zu werden.

 

Näher betrachtet lässt der Fühler an eine pulsierende Ringelsocke oder auch an eine Art Leuchtreklame denken. Auch in der Natur muss man aber bei Nahrungsmitteln für die sehr aufdringlich Werbung gemacht wird skeptisch werden.

 

Der Wurm schiebt seine Brutsack, wie auch hier zu sehen, meist in den linken Fühler der Schnecke. Wenn der Vogel diesen Brutsack verzehrt wird er unter Umständen zum Endwirt für den Wurm, der unter anderem in seinem Enddarm leben kann. Über das Umfunktionieren der befallenen Schnecken durch die Würmer zwecks Vermehrung der Verbreitungschancen für den Parasiten ist oft geschrieben worden. In Analogie dazu könnte man im Bereich menschlicher Krankheiten an von Schnupfen Befallene denken, die vom Virus geschwächt leicht frösteln, alle Fenster dicht machen und so die Ausbreitungschancen der Viren in die Nasen ihrer Mitmenschen sehr effektiv fördern.

Unproblematischer als Vogelnahrung scheinen da Schmetterlinge und ihre Raupen. Obwohl das auch nicht für alle gilt.

Die Raupen des Blutbärs (Tyria jacobaeae) sind so auffällig gefärbt, dass sie mit dieser Drohfärbung wohl auf ihre Unbekömmlichkeit aufmerksam machen. Sie tragen die giftigen Inhaltsstoffe des von ihnen bevorzugten Jacobskreuzkrauts in sich. Das Bild entstand im Juli im Twedter Feld. In den letzten Jahren waren die Raupen in diesem Monat dort meist leicht zu finden. Auch der tatsächlich blutrote Falter, der zwar bevorzugt nachts fliegt, aber doch manchmal am Tag aufgescheucht wird, könnte im Juli im Twedter Feld zu sehen sein.

Der Blutbär gehört also zu den Nachtfaltern. Ein anderer in den letzten Jahren häufiger Nachtfalter, der auch oft am Jacobskreuzkraut im Twedter Feld zu finden war, ist Amphipoea oculea (Rotbraune Stengeleule, im Englischen etwas einprägsamer ear moth also Ohrenmotte bezeichnet; eine ganz sichere Bestimmung soll nur durch die hier nicht vorgenommene Genitalpräparation möglich sein).

Der lateinische Namensteil oculea (oculus heisst Auge im Lateinischen) bezieht sich wohl auf den Augenfleck auf den Flügeln. Die eigentlichen Augen des Falters sehen aber auch bemerkenswert aus, wenn man ihn von unten betrachtet.

Im Juli findet man auch im Twedter Feld häufig Dickkopffalter, wie hier den Schwarzkolbigen Braun-Dickkopffalter. Der deutsche Name ist deutlich weniger elegant als das Tier.

Die Dickkopffalter stehen eigentlich den Kleinschmetterlingen näher als den Tagfaltern. Da sie aber tags fliegen sieht man sie als Tagfalter im weiteren Sinne an.

Interessante Tagfalter im engeren Sinne, die im Juli im NSG zu beobachten sind wären zum Beispiel der Kleine Feuerfalter (unten) und der C-Falter.

 

Für den Nichtfachmann etwas überraschend gehört der Kleine Feuerfalter zu den Bläulingen. Er fliegt über einen recht langen Zeitraum von April bis Oktober.

 

Hier ein C-Falter im NSG auf der Mittleren Klette. Die Tiere haben ihren Namen von dem weißen C an der Unterseite des Hinterflügels. Auffälliger finde ich eigentlich die gezackten Flügelränder. In Schleswig-Holstein wird der C-Falter in lichten und feuchten Wäldern mit viel Unterwuchs gefunden. Ein Waldtyp, wie er sich im Twedter Feld findet.

Zumindest nach Meinung mancher Schwebfliegenexperten stehen die Schwebfliegen an Schönheit den Schmetterlingen und Libellen nicht nach. Was ich bei vielen dieser Arten faszinierend finde, ist, dass die Larven sich durch Mist oder Kot fressen, während die erwachsenen Tiere sich dann fast nur noch in nektarduftenden, farbigen Blütenreichen bewegen und sich ausschließlich von Pollen und Honigtau ernähren. Eine Entwicklung durch Nacht zum Licht. Das gilt auch für die unten gezeigte Gemeine Keulenschwebfliege (Syritta pipiens), die keulenförmig verdickte Hinterschenkel hat (daher der deutsche Name).

Sie ist im Twedter Feld im Juli auf Doldenblütlern eigentlich immer zu finden. Ihre Larven leben im Kompost oder faulenden Pflanzen.

 

Eine weitere Schwebfliege, die Gemeine Langbauchschwebfliege (Sphaeroporia scripta) ist ebenfalls im Hochsommer auf vielen verschiedenen Blüten häufig anzutreffen. Sie sieht fast übertrieben wespenähnlich aus, wobei sie wie alle Schwebfliegen natürlich völlig harmlos ist und keinen Stachel besitzt. Ihre Larven ernähren sich von Blattläusen

Die auf den ersten Blick idyllisch erscheinende Lebensweise der ausgewachsenen Schwebfliegen im sommerlichen Blütenreich hat aber auch ihre Schattenseiten, wie das folgende Foto zeigt:

 

Eine Schwebfliege (rechts) ist im Labkraut von einer Spinne überwältigt worden und wird zum Verzehr vorbereitet.

 

 

Genauso harmlos wie die Schwebfliegen sind die Libellen. Manche, z.B. die Blaugrünen Mosaikjungfern nähern sich dem Menschen so furchtlos, dass dies aber immer wieder zu Befürchtungen hinsichtlich ihrer Gefährlichkeit Anlass gab und somit auch zu dem unguten Volksnamen „Teufelsnadeln“. Über eine Libelle, die er in unserer Region vor 80 Jahren (16.7.1930) beobachtet hat schrieb W. Lehmann in den Bukolischen Tagebüchern: „…klammert sich der Plattbauch, die große Libelle mit den riesigen Augen, an die Brombeerranken. Der lackschwarze, gestreckte Hinterleib ist eine indianische Göttersäule, mit hellblauen und hellgrünen Hieroglyphen beschrieben.“ Dies ist eigentlich eine sehr schöne Beschreibung für die unten abgebildete Libelle.

 

Hier handelt es sich aber nicht um den Plattbauch, sondern die Blaugrüne Mosaikjungfer (Aeshna cyanea). Beide erwähnten Libellenarten wird man im Juli im Twedter Feld oft sehen können. Den Plattbauch könnte man aber eher prosaisch als hellblau gefärbte Zigarre beschreiben. Es ist anzunehmen, dass W. Lehmann hier Libellenarten verwechselt hat. Das passiert vielleicht auch deswegen leicht, weil die Gestalt einer Libelle doch für den Menschen recht fremdartig ist. Daher werden wohl bei der Beschreibung der Libellengestalt in dem oben angeführten Zitat gleich 2 fremde Kulturen aufgeführt. Obwohl sich auf den Totempfählen der Indianer keine Hieroglyphen befinden, stimmt etwas an dem Vergleich.

 

Neben Schwebfliegen findet man im Juli in den Blüten des Twedter Felds auch zum Teil recht ornamental gefärbte Käfer.

Hier handelt es sich um ein Weibchen des Vierbindigen Schmalbocks

(Strangalia quadrifasciata). Es gibt mehrerer Arten von Schmalböcken, die alle gerne Blüten aufsuchen.

Eine Pflanze, die man im Juli an den Hauptwegen im Twedter Feld sehen kann ist die Braunwurz.

 

Sie wird oft von Wespen bestäubt. In Amerika, wo die Pflanze eingeschleppt wurde, sind auch Kolibris als Bestäuber beobachtet worden. Im Bild findet sich eine der häufigsten Schwebfliegenarten, die Hain-Schwebfliege (Episyrphus balteatus) an einer Braunwurzblüte. Die Schwebfliegen haben mit den Kolibris nicht nur die Fähigkeit zum Flug auf der Stelle (Schwirren) gemeinsam. Ebenso wie manche Kolibris trotz ihrer Winzigkeit Zugvögel sind, können auch manche Schwebfliegen Wanderungen durchführen und bis zu 100 km pro Tag fliegen, wobei die Hain-Schwebfliege sogar die Alpen überqueren kann.

 

 

Copyright (Bilder,Text): Rainer Niss